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Glaubhaftmachung oder Vollbeweis für die Forderung des antragstellenden Gläubigers

Stützt ein Gläubiger den Insolvenzantrag nicht auf eine einzelne, sondern auf mehrere, auf gleichgelagerten Lebenssachverhalten beruhende Forderungen, hat er den Bestand der Forderungen zur Überzeugung des Gerichts zu beweisen, soweit diese Forderungen zugleich den Eröffnungsgrund bilden.

(BGH, Beschluss vom 14.01.2021 - IX ZB 12/20)


Anmerkung:

Der BGH stellt in seiner Entscheidung nochmals heraus, unter welchen Gesichtspunkten es genügt, im Eröffnungsverfahren als den Insolvenzantrag stellender Gläubiger seine Forderung nur glaubhaft machen zu müssen und wann ein Vollbeweis erforderlich ist.


Sachverhalt:

Aus den Gründen des Beschlusses: „Die Antragstellerin, eine chinesische Vermögensverwaltungsgesellschaft mit Sitz in Shanghai, hat die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin beantragt. Gesellschaftszweck der Schuldnerin war die Errichtung, der Vertrieb und der Handel mit Photovoltaik-Anlagen und/oder Teilen davon. Grundlage des Antrags sind rückständige Kaufpreisforderungen, welche die Antragstellerin aus abgetretenem Recht geltend macht.

Sämtliche aus dem Verkauf von Solarmodulen herrührenden Kaufpreisforderungen hatten ursprünglich demselben Gläubiger zugestanden und waren auf nur eine dauerhafte Geschäftsverbindung zwischen dem ursprünglichen Gläubiger und der Schuldnerin zurückgegangen. Sämtliche geltend gemachten Forderungen beruhen auf gleichgelagerten, durch die vertragliche Gestaltung verknüpften Lebenssachverhalten. Außerdem erhebt die Schuldnerin gegen sämtliche geltend gemachten Forderungen dieselben Einreden und Einwendungen.

Das Insolvenzgericht hat den Insolvenzantrag als unzulässig verworfen. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist erfolglos geblieben. Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin den Eröffnungsantrag weiter.

Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.“


Entscheidungsgründe:

Der BGH führt hierzu aus:

„Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 InsO muss der Gläubiger ein rechtliches Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens haben und seine Forderung sowie den Eröffnungsgrund glaubhaft machen. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens setzt allerdings voraus, dass das Insolvenzgericht vom Vorliegen eines Eröffnungsgrunds überzeugt ist (BGH, Beschluss vom 13. April 2006 - IX ZB 118/04, NZI 2006, 405 Rn. 6; Uhlenbruck/Mock, InsO, 15. Aufl., § 16 Rn. 9).

Ist der Eröffnungsgrund (Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung) unabhängig davon gegeben, ob die Forderung des antragstellenden Gläubigers gegen den Schuldner besteht, setzt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht voraus, dass der Richter vom Bestehen dieser Forderung überzeugt ist. In diesem Fall genügt zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens - neben der anderweitig gewonnenen Überzeugung des Richters vom Vorliegen des Insolvenzgrunds - die Glaubhaftmachung der Forderung durch den antragstellenden Gläubiger (Uhlenbruck/Mock, aaO Rn. 14).

Hängt das Vorliegen des Eröffnungsgrunds dagegen vom Bestand der Forderung des antragstellenden Gläubigers dergestalt ab, dass der Schuldner nur dann zahlungsfähig oder überschuldet ist, wenn die von dem antragstellenden Gläubiger geltend gemachte Forderung besteht, reicht die Glaubhaftmachung der Forderung nicht aus.

In diesem Fall hat der Gläubiger den Bestand seiner Forderung zu beweisen, wenn ihr der Schuldner substantiiert widerspricht (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 19. Dezember 1991 - III ZR 9/91, ZIP 1992, 947; vom 14. Dezember 2005 - IX ZB 207/04, ZIP 2006, 247 Rn. 3, 6; vom 29. März 2007 - IX ZB 141/06, ZIP 2007, 1226 Rn. 7; vom 6. Mai 2010 - IX ZB 176/09, ZInsO 2010, 1091 Rn. 5 ff). Der Beweis kann durch die Vorlage eines Titels über die Forderung geführt werden. In diesem Fall obliegt es dem Schuldner, etwaige Einwände gegen die Forderung in dem dafür vorgesehenen Verfahren überprüfen zu lassen. Ist die Forderung dagegen nicht tituliert, gehen Zweifel zu Lasten des antragstellenden Gläubigers. Es gehört nicht zu den Aufgaben des Insolvenzgerichts, den Bestand ernsthaft bestrittener, rechtlich zweifelhafter Forderungen zu überprüfen. Fällt die tatsächliche oder rechtliche Beurteilung nicht eindeutig aus, ist der Gläubiger auf den Prozessweg zu verweisen (BGH, Beschluss vom 14. Dezember 2005, aaO Rn. 6; vom 29. März 2007, aaO Rn. 7).“


Resümee:

Ist der Eröffnungsgrund für das Gericht bereits anderweitig als gegeben anzusehen, so genügt dem antragstellenden Gläubiger eine Glaubhaftmachung seiner Forderung um die Eröffnungsentscheidung herbeizuführen.

Ist die Forderung des Antragstellers aber zur Nachvollziehbarkeit des Eröffnungsgrundes von entscheidender Bedeutung, bedarf es eines Vollbeweises für die vom Antragsteller behauptete Forderung.

05.03.2021, 13:46
Kategorien: Veröffentlichungen